Kooperation zweier Systeme für eine bessere Energienutzung 

von Vivian Bullinger | 26.05.2023

2023 verkündeten der Energie-Management Hersteller Solar-Log GmbH und die Viessmann Climate Solutions SE, einer der weltweit führenden Anbieter für nachhaltige Klima- und Energielösungen, ihre strategische Partnerschaft im Bereich des Monitorings von Photovoltaikanlagen.

Wir haben genau gefragt und wollten dabei wissen, was diese strategische Partnerschaft für die beiden Unternehmen bedeutet, welche technischen Lösungen zu erwarten sind und vor allem welche Mehrwerte die Kunden daraus ziehen können.

Holger Schroth, Chief Product Officer Solar-Log GmbH, und Dr. Markus Klausner, CTO Viessmann Climate Solutions SE , beantworten unsere Fragen.

Fragen zu Unternehmen und Partnerschaft

Auf den ersten Blick ist für den Außenstehenden nicht sofort erkennbar, was Viessmann und Solar-Log an Gemeinsamkeiten haben. Was verbindet die Solar-Log GmbH und Viessmann, Climate Solutions SE?

H. Schroth: Sicherlich verknüpft ein Außenstehender nicht gleich, dass es bei Viessmann und Solar-Log eine Menge an Gemeinsamkeiten gibt. Bei Viessmann denkt man sicherlich an Heizungsanlagen und bei Solar-Log an Monitoring von Photovoltaikanlagen. Jedoch haben beide Unternehmen zwei wesentliche Dinge, die sie dann doch verbindet: zum Ersten die aktive Unterstützung im Ausbau der erneuerbaren Energien und zum Zweiten einen Fokus auf digitale Systemlösungen. Viessmann baut sein Portfolio an nachhaltigen Heiz- und Klimalösungen kontinuierlich aus und setzt hier auch sehr stark auf Photovoltaik als Energiequelle. Solar-Log verbindet unterschiedlichste PV-Systeme in seiner Plattform und ermöglicht es dem Anwender, diese auf eine effiziente Art zu überwachen. Hierfür setzen beide Unternehmen auf digitale und vernetzte Lösungen. Das ist der Kern, der uns beide verbindet.

M. Klausner: Zu ergänzen ist, dass Viessmann das Unternehmensleitbild hat: We create living spaces for generations to come. Dies bedeutet, dass sich unsere Lösungen auf nachhaltige Energiekonzepte konzentrieren, die wir nur dann voll ausschöpfen können, wenn wir neben unseren eigenen Viessmann PV-Systemen zusätzlich die verschiedenen am Markt befindlichen PV-Systeme integrieren können. Mit der Solar-Log Kooperation bündeln wir also die Stärken beider Unternehmen und überführen diese in einen sinnvollen Kundennutzen.

Wie haben Solar-Log und Viessmann zusammengefunden?

H. Schroth: Zugegeben, wir waren schon etwas überrascht, als Viessmann uns vor etwas mehr als einem Jahr kontaktierte und die Idee der Systemlösung das erste Mal mit uns teilte. Wir haben jedoch für uns schnell erkannt, dass wir hier ein gemeinsames Ziel haben und so konnten wir nach einer ersten technischen Evaluierungsphase in den Aufbau der Systemlösung einsteigen. 

M. Klausner: Nach einer Marktevaluierung ist uns schnell klar geworden, welche Stärke Solar-Log in ihrem Geschäft hinsichtlich Konnektivität unterschiedlicher PV Anlagen besitzt. Genau dieses war der springende Punkt, warum wir explizit auf die Firma Solar-Log mit unserer Idee zugegangen sind. Erfreulicherweise erkannten wir vergleichbare Ansätze und stießen schnell auf Interesse, sodass wir gemeinsam in die Evaluierung und anschließende Konzeptausarbeitung übergehen konnten.

Gibt es eine verbindende Vision für den Energiemarkt der Zukunft? Und wenn ja, wie könnte diese aussehen?

H. Schroth: Die ist auf jeden Fall vorhanden, beide Unternehmen sehen den Nutzen der Photovoltaik und arbeiten mit Hochdruck daran, diese lokal optimal zu nutzen. Somit sehen wir uns beide als „Partner“ für den Immobilienbesitzer, der seine Immobilie nachhaltig heizen und kühlen möchte oder Energie für die Mobilität benötigt.

M. Klausner: Die Kooperation mit Solar-Log zahlt aus unserer Sicht ideal auf unser Unternehmensleitbild ein, Lebensräume für künftige Generationen zu schaffen, da wir damit einen erheblichen Beitrag zur Realisierung der Sektorkopplung leisten werden.

 

Technische Lösungen

Sie sprechen von einer ganzheitliche Energielösungen (Sektor Kopplung). Was verbirgt sich dahinter genau?

H. Schoth: Bei dieser Lösung ist Viessmann im Lead, was die Applikation zum Kunden angeht. Solar-Log freut sich, dass wir als „Brückenbauer“ Viessmann helfen können, ihre Systemlösung auch auf Geräte von Drittanbietern auszuweiten. Hier kommt uns die hohe Kompatibilität zugute, welche sich das Unternehmen über viele Jahre erarbeitet hat.

M. Klausner: Unter Sektonkopplung versteht man die Verbindung von lokal und nachhaltig erzeugtem Strom mit der Wärmeerzeugung und sogar der Mobilität. Dabei ist unser Viessmann Energy Management System die zentrale Intelligenz zum Steuern dieser Aktivitäten . Es sorgt dafür, dass der selbst erzeugte Strom für den Betrieb der Wärmepumpe, für den Haushaltverbrauch und für das Laden des E-Fahrzeugs genutzt wird. Das Solar-Log Gateway ist für uns der zentrale Baustein, damit das Viessmann System mit dem PV-System eines Drittanbieters kommunizieren kann, um das Monitoring, die Eigenverbrauchsoptimierung sowie zukünftig weitere Anwendungen realisieren zu können.  
 

 

Welche Vorteile bringt die Kopplung von verschiedenen Sektoren?

H. Schroth: Durch die Kopplung von Energieerzeugung, Energiespeicherung, Wärme, Kühlung und Mobilität kann die dezentral erzeugte nachhaltige Energie aus Photovoltaik optimal lokal genutzt werden. Ein wesentlicher Baustein ist hierbei sicherlich die Energiespeicherung. Wurde hierfür in den letzten Jahren der Batteriespeicher immer wichtiger, so sehen wir, dass zukünftig die Speichermöglichkeiten durch die Sektoren Wärme, Kühlen und Mobilität auch einen wesentlichen Mehrwert leisten werden. Wenn ein System so gut aufeinander abgestimmt ist, dass die erzeugte PV-Energie ausreicht, um den Wärme-/Kühlbedarf und den Anteil zur Mobilität zu decken, dann werden sicherlich weniger Batteriespeicher benötigt und die Gesamtrentabilität der Systeme wird optimiert. Heute geschieht das gerade bei Bestandssystemen häufig noch kaum aufeinander abgestimmt, da die einzelnen Geräte nicht miteinander kommunizieren und jedes System für sich eine eigene „Logik“ besitzt. In Viessmann Wärmepumpen und Wechselrichter integriert, erweitert diese Kombination die Möglichkeit Wechselrichter anderer Hersteller für das Viessmann Energiemanagement nutzbar zu machen.

M. Klausner: Auf das gesamte Energiesystem bezogen ist die Sektorkopplung ein Schlüsselelement für die Energiewende, da lokal erzeugte Energie optimal genutzt und die Abhängigkeit von fossil erzeugte Strom sowie auch von fluktuierender erneuerbarer Stromerzeugung drastisch reduziert werden kann. Lokal sorgt die Sektorkopplung für eine bestmögliche Nutzung der zur Verfügung stehenden Energie, intelligent aufgeteilt auf stationäre Speicherung, Wärmeerzeugung, Fahrzeugbeladung und den Haushaltsverbrauch. Diese Art der intelligenten Eigenverbrauchsoptimierung spart dem Kunden Energiebezugskosten und erhöht dessen Autarkie.

Wie sieht das in der Praxis aus? Wie werden Strom, Wärme und Mobilität verbunden?

H. Schroth: Das geschieht mittels zweier wesentlicher Bausteine: Kommunikation und einer übergeordneten Logik. Durch die Möglichkeit, dass die Geräte miteinander kommunizieren können, ermöglicht man es einer übergeordneten „Logik“, dass sie die Teilsysteme optimieren. 

M. Klausner: In der Praxis realisieren wir das mit dem intelligenten Viessmann Energy Management. Unter Einbezug von Erzeugungs- und Verbrauchsprognosen maximieren wir damit die Eigennutzung des durch die PV-Anlage erzeugten Stroms. Dies gelingt eben nur, wenn das Viessmann-System mit dem PV-System kommunizieren kann. Dem Viessmann-System und PV-Wechselrichter zwischengeschaltet, dient das Solar-Log Gateway dafür als zentrales Bindeglied. 

Welchen Einfluss hat die Sektorkopplung auf die Netzstabilität?

H. Schroth: Einen wesentlichen. Durch den optimierten Betrieb der Sektoren werden zuallererst einmal die hohen Lastspitzen aus dem Netz gemindert. Stellen Sie sich einmal vor, wann z. B. Wärmepumpen und E-Ladesäulen am meisten Energie aus dem Netz benötigen? Meist nicht, wenn die Sonne am stärksten scheint, sondern in den Zeiten, in denen die Sonne nicht verfügbar ist. Durch den Einsatz von Optimierungslogiken schieben wir diese Zeiten dahin, wo genügend Energie von der PV-Anlage zur Verfügung steht. Das sorgt für aktive Entlastung in den Netzen. Andersherum werden hohe Einspeisemengen vermieden, was auch zur Netzstabilität beiträgt. Das kann man sogar noch auf eine Netzebene weiter transportieren: Ist im Netz zu viel Energie vorhanden – nutzt man die Wärmeerzeuger oder Kühlaggregate, um diese aus dem Netz abzunehmen, wird Energie benötigt, geben Batteriespeicher und E-Auto Energie ins Netz ab, da hier eine Menge an Anlagen gleichzeitig angesprochen werden können, wirken diese Mengen erheblich im Netz. Dies wird den Netzausbau sicherlich nicht überflüssig machen, aber zumindest kann er in einem moderaten Umfang stattfinden, welcher am Ende für alle bezahlbar bleibt.

M. Klausner: Viessmann hat im Hinblick auf die Netzstabilität mit dem ViShare Flexmodus bereits ein ganz konkretes Angebot  implementiert, bei dem wir die Flexibilität unserer Wärmepumpen gebündelt den deutschen Übertragungsnetzbetreibern anbieten. Die Flexibilität lässt sich durch die Einbindung von PV-Systemen über das Solar-Log Gateway erweitern und verbessern, da Erzeugung und Verbrauch optimal orchestriert und vorbeugend anhand der Bedarfe im Netz gesteuert werden können. Mit der Kooperation können wir in Zukunft also gemeinsam den Beitrag zur Netzstabilität sowohl auf Übertragungs- wie auch auf Verteilnetzebene ausbauen.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung dabei?

H. Schroth: Durch Digitalisierung können die Geräte miteinander „reden“ und die aufgebauten Logiken können aktiv auf die Geräte einwirken. Das wäre ohne Vernetzung nicht ohne größere Aufwände möglich. 

M. Klausner: Das Energiesystem besteht aus verschiedenen einzelnen Komponenten (Stromspeicher, PV Wechselrichter, etc). Digitale bidirektionale Kommunikation ist die Grundlage für die intelligente Aussteuerung und Orchestrierung. Außerdem realisieren wir damit natürlich auch das Energiemonitoring für den Endkunden wie auch für den Partner im Fachhandwerk.

Ausblick 

Welche zukünftigen Entwicklungen im Bereich der Sektorkopplung wären denkbar?

H. Schroth: Spannende Frage, aus unserer Sicht wird sicherlich die Qualität der eingesetzten Optimierungslogiken eine wesentliche Rolle spielen. Hier wird das Thema KI auch keinen Halt machen und somit das Nutzerverhalten noch besser vorhersagen und die Systeme darauf abstimmen. Was ein weiteres spannendes Feld werden wird, ist die Verknüpfung von mehreren Wohneinheiten oder von gesamten Gebäudearealen, um diese „Energiezellen“ dann zu optimieren. 

M. Klausner: Unser Fokus hinsichtlich zukünftiger Entwicklungen liegt vor allem im Bereich der Netzstabilisierung und Systemdienlichkeit. Wir planen in Zukunft die gebündelte Nutzung aller Flexibilitäten rund um das Einfamilienhaus (Erzeugung, Speicherung und Verbrauch), um damit proaktiv das Stromnetz zu stützen. Voraussetzung ist natürlich, dass der Kunde keinerlei Komforteinbußen trägt. 

Wie können Viessmann und Solar-Log hier ihren Mehrwert zukünftig weiter beitragen?

H. Schroth: Für Solar-Log steht ganz klar der Ausbau von Kompatibilitäten im Vordergrund. Wir wollen somit die Basis breiter werden lassen, um weitere Teilsysteme miteinander zu vernetzen. Wir bauen darauf, dass die Kollegen von Viessmann die Optimierungslogiken weiter verbessern. Wir werden aber auch losgelöst davon an weiteren Schnittstellen zum Energiemarkt arbeiten, um Erzeugung, Verbrauch und Vermarktung näher zusammenzubringen und den Wert der Erneuerbaren weiter zu steigern.

M. Klausner: Das Solar-Log Gateway eröffnet uns neben PV-Systemen eine Fülle an Möglichkeiten der Integration weiterer Komponenten, beispielsweise Heizstäbe oder Wallboxen. Damit vergrößern wir letztlich das Flexibilitätspotenzial, welches genutzt werden kann, um den Eigenverbrauch zu optimieren und um die Netze zu stützen.  

Was wird die Zukunft bringen? Auf was können die Kunden von beiden Unternehmen noch gespannt sein?

H. Schroth: Wir möchten hier noch nicht zu viel verraten, jedoch gibt es diverse Themen, über die wir miteinander reden, um den Nutzen für den Anwender zu maximieren. Ein wesentliches Thema in der Zukunft wird sicherlich die Aktivierung von Lasten und Energiereserven sein, um neben der lokalen Maximierung des Eigenverbrauchs auch noch mehr zur Netzstabilität beizutragen.